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MUNDUS IMAGINALIS

 

Erstmalig präsentiert Haleh Gallery die Künstlerin Katâyoun Rouhi mit ihrer Einzelausstellung Mundus Imaginalis.  Der Titel Mundus Imaginalis ist eine Referenz an Henry Corbin (1903-1978), Professor an der Sorbonne in Paris. „Mundus Imaginalis“ lässt sich aus dem Lateinischen übersetzen als imaginative Welt, also eine Welt der Vorstellung, die nicht von rationaler Erkenntnis geprägt ist, sondern von aktiver Vorstellungskraft. Henry Corbin kam zu dieser Erkenntnis, weil er sich intensiv in seinen Studien mit dem spirituellen Erbe Persiens beschäftigt hat. Man findet nicht nur Spiritualität, sondern auch philosophische Lehren im persischen Kontext. Vor allem im Bereich der Poesie, wie beispielsweise in den Gedichten des berühmten Dichters Rumi (1207-1273) oder Hafis (1315-1390). Poesie und Dichtung sind im Iran ein wichtiger Bestandteil des kulturellen Erbes und Teil einer lebendigen Tradition. In nahezu allen iranischen Haushalten finden sich Ausgaben von Hafis Gedichtsammlungen. Das Rezitieren von Gedichten ist in allen Bereichen der iranischen Gesellschaft eine alltägliche Praxis. Den berühmten persischen Dichtern Hafis und Saadi wurden Grabstätten in der Stadt Shiraz errichtet, die bis heute beliebte und vielbesuchte nationale Sehenswürdigkeiten sind.

Auch für die bildende Kunst ist persische Poesie eine wichtige Quelle der Inspiration. In den Arbeiten der in Paris lebenden Künstlerin Katâyoun Rouhi verschmelzen Poesie und Malerei ineinander und sind nicht mehr voneinander zu trennen. Für Katâyoun Rouhi ist Poesie die unsichtbare innere Form ihrer Kreativität, die äußerlich die Gestalt von Gemälden annimmt. Katâyoun Rouhis Gedichte behandeln auch existentielle Fragen an das Leben.

Die Einzelausstellung MUNDUS IMAGINALIS von Katâyoun Rouhi konzentriert sich auf zwei größere Serien ihrer künstlerischen Arbeit und präsentiert zudem noch die gleichnamige Installation „Mundus Imaginalis“ (2017), die aus Erde, einem Busch und Goldpulver besteht.

1. Bäume (Trees): Der Baum steht nicht nur für das einfache Leben einer Pflanze. Er symbolisiert auch die Verbindung zwischen Himmel und Erde, Horizontalität und Vertikalität. Die vertikale Form des Baumes verbindet die unsichtbaren Wurzeln in der Erde mit den Zweigen und Ästen, die in den Himmel reichen. Das Thema des Baumes weist auch auf Fragen nach Realität und Sichtbarkeit hin. Was ist sichtbar in unserer Wahrnehmung? Auch wenn das verzweigte Wurzelwerk außerhalb unserer Wahrnehmung liegt, ist es der eigentliche Kraftort des Baumes.

2. Die Serie „Langage des Oiseaux“ (Konferenz der Vögel) ist nicht nur gemalte Poesie, sondern behandelt eben auch spirituelle Themen. Die Konferenz der Vögel geht zurück auf ein Gedicht des Mystikers Farid ud-din Attar (1136-1220) und zählt zu den wichtigsten Werken der persischen Literatur. Alle Vögel dieser Welt versammeln sich, um einen neuen König zu finden. Der Sage nach, lebt der ideale König, namens Simorgh auf dem Berg Kaaf. Die Vögel machen sich gemeinsam auf den Weg zu dem besagten Berg. Die Reise ist lang und beschwerlich. Am Ende der Reise sind nur dreißig Vögel übrig geblieben. Doch am Ziel finden sie keinen König. Die Vögel erblicken nur ihr eigenes Spiegelbild und verstehen, dass sie selbst der König sind, den sie so sehr gesucht haben. Denn der persische Name des Simorgh ist zusammengesetzt aus „si“ – dreißig und „morgh“ – Vögel, Simorgh bedeutet also dreißig Vögel (König).

In der Serie „Langage des Oiseaux“ setzt Katâyoun Rouhi die Reise der Vögel durch die sieben Täler in großformatige Gemälde um. Die Werke thematisieren die sieben Täler, welche die Vögel auf dem Weg zum Berg Kaaf durchqueren müssen. Die sieben Täler sind: Das Tal der Suche, das Tal der Liebe, das Tal der Erkenntnis, das Tal der Loslösung, das Tal der Einheit, das Tal der Bestürzung und das Tal der Auflösung. Diese Täler sind nicht nur für die mystische Dichtung Attars wichtig, sondern es sind essentielle Allegorien im Sufismus. Die Täler repräsentieren wichtige Stationen auf dem spirituellen Weg, an dessen Ende die Überwindung des Ichs und die Verschmelzung mit dem Göttlichen steht.

Attars mystische Dichtung „Konferenz der Vögel“ bildet die inhaltliche Basis von Katâyoun Rouhis Arbeiten. Rouhis Arbeiten kreieren ein magisches Zusammenspiel zwischen Text und Bild. Die persische Schrift ist nicht nur in Form von Gedichten vertreten, sondern wird auch zu einem bildnerischen Mittel, das die Vögel in ihrer visuellen Erscheinung erschafft. Der Baum ist auch in dieser Serie ein wichtiges bildliches und inhaltliches Element. Der Baum beschwört die imaginative Welt und den Berg Kaaf herauf, wo der Vogel Simorgh lebt. Der Baum ist auch eine Referenz an Sohrab Sepehri. Der gleiche Baum ist auch der Ort, der den einzigen Hinweis liefert, um das Haus des Freundes zu finden.

Somit ergänzen sich Poesie, Bäume und Vögel in Katâyoun Rouhis künstlerischem Werk auf ganz besondere Art und Weise. Durch ihre Bildwelten gewährt Katâyoun Rouhi dem Betrachter Einlass in die beschworene Mundus Imaginalis, die zwar nicht auf rationale Weise erfahrbar ist, aber durch die enge Verbindung von Poesie und Bild in den ausgestellten Werken sichtbar und erlebbar wird.

CV

Katâyoun Rouhi (*1965 in Iran) lebt und arbeitet in Paris. Studium der Malerei, École des Beaux Arts, Paris und Doktorat in Ästhetik und Kunstwissenschaften Paris I, Panthéon-Sorbonne.

Ausstellungen (Auswahl): Gerald Moor Gallery, London (2017);  Ismaïli Center, London (2016); Shirin Art Gallery, Teheran, Iran (2015);  MOP Fondation in Monaco „fundraising exhibition“, Monaco (2017); Museum of contemporary art, Ahvaz, Iran (2016); Contemporary Art Gallery, Auvers, France (2015); Internationale Auktion, Christie’s, Doha, Katar (2011).

Vertreten in Sammlungen :  Polychronopoulos Foundation, Athens;  Méshkinfam Foundation& Museum, Shiraz.

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